Gartentipp August 2022 - Baumpatenschaft im öffentlichen Raum

Gartentipp 2022

Baumpate sein - Gießen von Bäumen und Sträuchern im öffentlichen Bereich

Für die Mehrzahl von uns ist ihr kränkelnder Anblick keine Seltenheit mehr. Dank der Hitze der letzten Jahre, der geringeren Niederschläge und der ungleichmäßigen Verteilung des Regens leiden Bäume wie Sträucher. Wobei ich unterscheide zwischen dem Obstbäumchen im Garten mit gepflegter Baumscheibe und dem klassischen Straßenbaum. Exakt diesem bedauernswerten Gehölz widme ich ein paar Gedanken. Man kann das auch noch weiter ausdehnen zu den Bäumen bzw. Sträuchern die in Parks, in irgendwelchen Betonkübeln, auf öffentlichen Pflanzflächen oder in Verkehrsinseln ihr Dasein fristen müssen. Gerade alles was so in den betonierten Bereichen mit wenig Platz überleben soll hat mehr und mehr Trockenheitsprobleme. Ganz zu schweigen von Alleen. Unabhängig ob Ahorn, Birke, Kastanie, Linde oder andere. Sie bieten sehr häufig schon im August ein trauriges Bild. Oft sehen wir schon im Juli Blattaufhellungen und in der Folgezeit zunehmende Verbräunungen. Schließlich haben Bäume schon im Spätsommer große Teile ihres Laubes verloren. Von Jahr zu Jahr kann man ihnen zusehen wie sie immer mehr schwächeln. Die Belaubung wird als schütterer, die Kronen lichten sich, es kommt zu verstärktem Absterben von Ästen. Zu Beginn dünne Zweige im Außenbereich, danach geht diese Totholzbildung auch auf dickere Triebe über. Kommen noch Wurzelbeschädigungen durch irgendwelche Baumaßnahmen dazu wird der Lebensfaden immer dünner. Wir kennen doch die Fläche auf der ein 4 bis 5 m hoher Ahorn mit bis zu 3 m breiter Krone am Straßenrand oder auf Parkplätzen wachsen soll. Ich hab mal nachgemessen. Dieser Platz ist um 4 m² groß, bretthart, da wächst oft noch nicht mal mehr Unkraut.


Typischer Platz im Öffentlichen Grün, knochenhart.

Regen sickert da nahezu kaum ein. Die Wurzeln müssen irgendwie im Untergrund an Feuchtigkeit gelangen.
Der Standort wird dann noch im wahrsten Sinne des Wortes mit Streusalz gewürzt. Autos fahren noch drüber oder parken drauf. Eine Pflege sehen wir selten bis überhaupt nicht. Je nach Örtlichkeit stauen sich Hitze, Abgase und Staub in dem Häusermeer. Gerade Abgase tun ihr Übriges wenn sie von Parkflächen direkt in die Pflanzbeete geblasen werden. Nicht zu vergessen Schwachmaten, von denen es immer mehr gibt, die absichtlich Schäden anrichten. Es kommt aber auch vor das für den Standort ungeeignete Bäume genommen werden.
Um Geld zu sparen fällt die Auswahl auch gerne mal auf schwächere Qualitäten. Was bei den Gemeinden und Städten allein schon aus der finanziellen Notlage geboren ist. Alles Dinge die nicht förderlich für ein gutes Wachstum sind. Jetzt setze ich noch einen drauf. Nicht jeder der an den Gehölzen rumschafft ist dafür geeignet. Fachpersonal kostet Geld und was kann man an Bäumen schon falsch machen? Loch schaufeln, das „Grüne“ nach oben und schon ist gepflanzt. Genauso ist es aber nicht. Von Anfang an muss ordentlich gearbeitet werden. Sitzen die Bäume und Gehölze dann mal im Boden ist es mit der weiteren Versorgung nicht mehr weit her. Schauen sie sich mal Streuobstwiesen an. Bei der Pflanzung ist noch richtig Auftrieb. Alle möglichen Herrschaften recken sich ins Blitzlichtgewitter und versprechen Unterstützung. Das erledigt sich nach dem
Presse-/Medientermin allerdings ganz schnell. Eine gute Pflege sollte für die nächsten fünf Jahre gesichert sein.
Aber was ist? Keine saubere Baumscheibe, ganz zu schweigen von Mäh-, Schnitt- und sonstigen Pflegemaßnahmen. Sind Bäume nicht ordentlich gepflegt, schwach im Wuchs, dann ist das wie im richtigen Leben auch, es treten Krankheiten und Schädlinge auf. Es gibt unzählige Paradebeispiele. Auch ungünstige Standorte tragen zum Sterben unseres öffentlichen Grüns bei. Linden gehören nicht in heiße Bereiche. Hier droht Spinnmilbenbefall. Blattläuse bemerken wir wenn darunter parkende Autos klebrig werden. Die Fahrzeuge sind mit dem Zuckersaft überzogen den die Blattläuse ausstoßen. Aus all diesen aufgeführten Beispielen ersehen sie zweifelsohne, wenigstens Wasser geben sollten wir schon. Richtig, in ausreichender Menge und Häufigkeit. Bums, schon ist da wieder eine Schwierigkeit. Der öffentliche Bereich ist nur sehr schwer von den zuständigen Ämtern zu beackern. Oft gelingt es nur noch die Pflanzen gerade so am Leben zu erhalten. Klarer Fall, es kostet zusätzlich Geld. So rufen städtische Vertreter genau wie die Bürgermeister der Dörfer die Bevölkerung zur Mithilfe auf. Sie bitten praktisch die Anwohner sich als Baumpaten zu engagieren. Wenn nix mehr geht muss halt, wie immer, der Bürger ran. Gerade Kleingärtnern, Naturfreunden und vielen anderen Mitmenschen bereitet das Leiden der Bäume und Sträucher teilweise körperliche Schmerzen. Also wollen sie helfen. So locker ist das aber nicht möglich. Verdichtete Plätze lassen das Wasser schlicht und ergreifend einfach nicht einsickern. Ähnliches passiert wenn der Boden mit einer trockenen, harten Kruste oberflächig zu ist. Dann ist es wie im Garten, irgendwie vorsichtig aufhacken. Dann mit Gießkanne, Gießbrause usw. diese aufgebrochene Kruste gefühlvoll angießen. So dass das Wasser langsam eindringen kann. Sich nach und nach durchschafft.


Trockenschäden Lindenallee

Hier ist auf jeden Fall Geduld gefragt. Schnell zwei Eimer Wasser ausgekippt ist nicht erfolgversprechend. Gerade Wasser schnell geben, quasi mit Druck, spült die Oberfläche wieder zu. Denken sie mal an heftige Gewitterschauer. Die batschen den Boden richtig zusammen. Kennen wir doch aus dem Garten. Nichts anderes ist es beim schnellen Wasser hinkippen. Wir müssen mindestens zu Beginn, ich nenn es mal, ein mehrstufiges Gießen durchführen. Haben wir den Boden mal an regelmäßige Wassergaben gewöhnt geht es im Folgenden flotter. Menschen die im Garten bewässern kriegen das auch im öffentlichen Grün hin. Jetzt kommt die Gretchenfrage, wie viel Liter, wie oft? Aus manchem Expertenmund heißt es zwei große Gießkannen voll Wasser pro Baum. Also eine Gabe von 20 Litern. Ohne Genaueres zum Baum, zur Häufigkeit usw. zu erklären. Erfahrungsmäßig sage ich, zwei Gießkannen voll Wasser á 10 Liter reichen für unseren erwähnten Ahorn nicht. Auch bei anderen Gehölzen und Beeten ist das meist nicht ausreichend. So mal zum Überlegen. Wenn alles stimmt, können 20 Liter Wasser pro m² 15 bis 20 cm in den Boden einweichen. Gefühlt reicht das hinten und vorne nicht. In unseren Gärten sprechen wir von jeweils 15-20 l/m² bei 2-3 Gaben pro Woche. Daraus folgere ich, grob die Quadratmeter des Beetes, der Pflanzfläche ermitteln. Das mit 20 Liter Wasser hochrechnen. Das ist dann eine nachvollziehbare Wassermenge. Gerne können sie die Wassermenge großzügig nach oben aufrunden.


Bewässerungssack

Für unseren Beispielbaum können sie mal 80 Liter Wasser mindestens einmal pro Woche einplanen. Nach Informationen vom Grünflächenamt unserer Stadt sind auch Wassergaben von 150-200 Liter alle 14 Tage möglich. Allerdings muss der Boden in einem Zustand sein dass er diese Mengen auch schluckt. So kann das Wasser richtig tief in den Boden gelangen. Geringe Gaben verdunsten oberirdisch ziemlich flott. Nicht nur die Hitze saugt Wasser weg. Gerade der trockene, warme Luftzug der über den Boden streicht nimmt viel Feuchtigkeit mit. Seit einigen Jahren sind Wassersäcke auf dem Markt. Sie werden am Baumstamm befestigt und mit Wasser gefüllt. So geben sie langsam über mehrere Stunden die Feuchtigkeit in den Boden ab. Was die Arbeit wesentlich vereinfacht. Falls die Baumpaten die Fläche noch mulchen schützt das natürlich den Boden und verringert die Verdunstung. Selbstverständlich brauchen sie und ich da zu Beginn etwas Einfühlungsvermögen. Mit der Zeit ist diese Empfehlung sicherlich auch anzupassen. Mehr Wasser, weniger häufig, alles erlernbar. Schließlich können wir es uns auch ganz einfach machen. Nein, ich meine nicht die Bäume und Sträucher vertrocknen lassen. Fragen sie beim Bauhof/Grünflächenamt ihrer Stadt nach. Dort müssten ziemlich genaue Vorstellungen zur Bewässerung der Gehölze, Rabatten und sonstigen Flächen vorliegen.
Als Pate muss man sich um sein Baumkind kümmern. Sonst gedeiht es nicht.


Hans Willi Konrad, DLR R-N-H Bad Kreuznach
Alle Bilder Hans Willi Konrad


Willi.Konrad@DLR.RLP.DE     www.Oekolandbau.rlp.de