Die Renaissance der Urgesteinsmehle im Pflanzenbau?

Stand: 10/17/2022

Die Renaissance der Urgesteinsmehle im Pflanzenbau?



Welche Arten von „Mehlen“ für den Pflanzenbau gibt es und wo liegt der Unterschied.
Einen Überblick über die Herkunft und Bedeutung sowie wichtiger Qualitätskriterien gibt
Torsten Feldt vom Kompetenzzentrum ökologischer Landbau (KÖL) am DLR RNH


Für die Urväter des ökologischen Pflanzenbaus war Gesteinsmehl ein unverzichtbares Hilfsmittel im Pflanzenbau, bei der Kompostierung und der Gesundheit von Böden und Pflanzen. Das nachfolgende Zitat aus den Anfängen des Biolandbaus verdeutlicht diese These.

„Wir Menschen können niemals gesünder sein, als die Tiere und Kulturpflanzen, von denen wir uns ernähren; und wenn wir wirklich heilen wollen, dann haben wir dort anzufangen“ (Dr. Hans Peter Rusch)

Eine pure Provokation in der heutigen, von der Wissenschaft geprägten Zeit, mit einer verborgenen Aussage zum Gehalt des Nährstoffgehalts unserer Lebensmittel. Liegt in der zitierten Aussage bzw. These mehr Wahrheit als sich auf den ersten Blick vermuten lässt?
Im Laufe der Zeit ist bei vielen Betriebsleiter*innen dieses Wissen über Gesteinsmehle und den Einsatz im Ökolandbau immer mehr in Vergessenheit geraten.

Im konventionellen Anbau erleben gebietsweise (Ur)Gesteinsmehle eine Renaissance, durch ein wiedergefundenes Fachwissen. Die Begründung dafür sowie die Unterschiede einzelner Gesteinsmehle werden in diesem Artikel betrachtet.

Ausgangsmaterial der Gesteinsmehle

Werbetechnisch ist der Begriff „Urgesteinsmehl“ gut nutzbar. Denn das „Ur“ wird gerne mit der Ursprünglichkeit assoziiert. Letztendlich verbirgt sich hinter dem Begriff (Ur-)Gesteinsmehl nichts anderes als ein durch technische Vermahlung oder Verwitterung zerkleinertes Granit-, Diabas-, Gabbro- oder Bentonitgestein. Letztgenanntes ist jedoch eigentlich kein klassisches Gesteinsmehl, da es seinen Ursprung in der Verwitterung von Vulkanasche hat. Bentonit enthält durch seine Entstehung verschiedene Tonmineralien und wird daher zu den Tonmineralien gezählt und nicht zu den Gesteinsmehlen. Trotzdem hat Bentonit eine fördernde Wirkung im Boden, baut Ton-Humus-Komplexe auf und ist für den Boden wertvoll. Der Siliziumgehalt ist im Vergleich zu den „echten“ Gesteinsmehlen jedoch geringer.

Landwirtschaftlich relevante Gesteinsmehle stammen aus Basalt- oder Diabassteinbrüchen. Basalt ist geologisch deutlich jünger (ca. 10-40 Mio. Jahre) als Diabas (ca. 400-420 Mio. Jahre), enthält also weniger Umlagerungs- und Verwitterungsprodukte und ist deswegen dem Diabas auch in der Bodenwirksamkeit unterlegen. Basalte sind oft dunkel bis schwarz. Sie entstanden durch schnelle Erkaltung von kieselsäurearmen und dünnflüssigem Magma. Deswegen ist der Siliziumgehalt in der Regel geringer als beim Diabas.

Diabas entstand als Ganggestein aus vulkanischer Aktivität. Wegen seiner hohen Härte und Schlagzähigkeit ist Diabas als Unterbau für Straßen oder bei der Anlage von Bahndämmen beliebt. Das Farbbild zeigt sich meist dunkelgrau und weiß gebändert. Für die Landwirtschaft besonders interessant sind spezielle Mineralien, die sich jedoch nur in wenigen Lagerstätten konzentriert finden: Hierzu zählt z.B. der Grünstein (Chlorit), ein grünliches Schichtsilikat, das die Pflanzenverfügbarkeit von Nährstoffen erhöht.

Ebenso zählen hierzu die roten bis rotvioletten vulkanischen Aschen, deren hohe Kationenaustauschkapazität (KAK) von 45,9 cmolckg-1 (SCHEFFER 1982) höher ist als die Kationenaustauschkapazität von Schwarzerde (18 cmolckg-1) (SCHEFFER /SCHACHTSCHNABEL 2018). Die KAK Angabe von Scheffer ist in mval/100g Boden, die Angabe mval/100g Boden ist heute nicht mehr gebräuchlich, deswegen wurde diese in cmolckg-1 umgerechnet. Die KAK beschreibt die Fähigkeit des Bodes, Kationen festzuhalten und bei Bedarf auch wieder freizugeben. Je größer der Wert ist, desto mehr Kationen können am Austauscher gebunden werden, welches aus pflanzenbaulicher Sicht vorteilhaft ist.

Daneben haben auch Zeolithe eine gewisse Bedeutung. Bislang wurden zeolithhaltige Produkte vielfach ins Endlager von Biogasanlagen oder in Güllelagern eingemischt, zum Zweck der Aufbereitung und Ammoniakreduktion der Gülle (siehe Artikel Einsatzmöglichkeiten von Gesteinsmehlen. Derzeit erfolgt jedoch in vielen BGA-Betrieben ein Wechsel vom Zeolith zum Vulkangesteinsmehl, weil die Bodenverträglichkeit hierüber signifikant gesteigert wird. Zeolithe kommen in der Natur als Kristalle in Spalten vulkanischer Gesteine vor oder entstammen mikrokristallinen Massen aus sedimentärer Herkunft.

Zeolith wird aufgrund des Durchmessers seiner Kanäle von 4-6 Ångström ein hohes Wasserspeicher- und –abgabevermögen nachgesagt. Ein Ångström ist der zehnmillionste Teil eines Millimeters. Wie nach einer feinen Vermahlung eine nennenswerte Wasserspeicherung bei den gängigen Aufwandmengen erfolgen soll, ist nicht nachzuvollziehen. Zeolithe sind Aluminiumsilikate, daher sei ihr oftmals hoher Aluminiumgehalt im Bereich 13-18% Al2O3 angemerkt, der hemmend auf das Bodenleben wirken kann.

Zu der Gruppe der Zeolithe zählen 48 natürliche Einzelgruppen und es sind über 150 verschiedene Arten bekannt. Mittlerweile können einige davon synthetisch produziert werden. Aus diesem Grund kann das Endprodukt verschiedene Eigenschaften und Farben aufweisen. Der pH-Wert der Zeolithe kann von stark basisch bis stark sauer schwanken, je nach Liefergebiet. (SCHEINPFLUG, Ralf: http://scheinpflug.privat.t-online.de/mzst.htm)

Ein weiteres Gesteinsmehl, welches im Agrarbereich Verwendung findet, ist der Kalzit. Dabei handelt es sich um Kalkspat, ebenso bekannt als Calciumcarbonat.

Gelber Granit z.B., der einen geringen Bekanntheitsgrad hat, entsteht durch Einschlüsse von Pyrit (FeS2), damit kann er schnell abgebaut werden. Ist ein Magnetit (Fe3O4) im Granit eingeschlossen, findet der Abbau langsam statt. Granit verhält sich in Böden primär sauer, weshalb eine Verwendung insbesondere bei basischen Böden sinnvoll erscheinen könnte. Jedoch verwittert Granit zwar physikalisch leicht, jedoch stehen die gebundenen Mineralien auf biochemischem Weg deutlich schlechter zur Verfügung als andere Steinmehle. Granite sind also nicht die erste Wahl unter den Steinmehlen.
Viele Gesteine haben in ihrer Grundstruktur Aluminiumatome oder weitere Mineralien. Aus diesem Grund sollte man immer die kompletten Analysenergebnisse ansehen und vergleichen. Die Unterschiede in den Mineralstoffen können stark variieren. Hauptbestandteil der meisten Gesteinsmehle ist Siliziumoxid sowie Spurenelemente. Daneben sind auch basisch wirkende Bestandsteile wie Calciumoxid (CaO) enthalten.

Um die Bodenwirksamkeit von Vulkangesteinsmehl zu verbessern, fügen spezialisierte Hersteller ihrem Vulkangesteinsmehl Milchsäurebakterien zu und achten auf besonders feine Vermahlung unter 0,08 mm (90%). Dadurch soll eine schnellere und effektivere Wirkung des Gesteinsmehls erreicht werden.

Technische Verarbeitung und Listung der Gesteinsmehle

Das Ausgangsgestein, die mineralische Zusammensetzung sowie der Grad der technischen Veredelung (wie z.B. garantierte Mahlfeinheiten von 90% des Materials < 0,08 mm oder 72% < 0,005 mm) sind ein Gradmesser für die jeweilige Qualität des eingesetzten Steinmehls.

Die Produkte verschiedener Produzenten sind in der Betriebsmittelliste des FiBL und auch einige bei den Bio-Anbauverbänden gelistet. Vor dem Einsatz von Steinmehlen empfiehlt es sich daher, die Listung im Vorfeld zu kontrollieren oder mit dem Anbauverband Rücksprache über die Einsatzerlaubnis zu halten.



Torsten.Feldt@dlr.rlp.de     www.Oekolandbau.rlp.de