Gartentipp Mai 2022 - Pflanzenschutz: Einfach mal gespritzt?!

Gartentipp 2022

Einfach mal spritzen,
Pflanzenschutzmitteleinsatz ohne zu wissen was Sache ist

Immer wieder landen bei mir Anfragen die so nicht mehr vorkommen sollten. Es geht um Schadbilder die der Gärtner nicht kennt. Das ist ja nichts schlimmes, auch ich bin nicht allwissend. Was mir bei diesen Anfragen nicht gefällt ist die Tatsache, dass schon mal einfach so ins Blaue hinein gespritzt wurde. Ohne Kenntnis ob es sich um Krankheiten, Schädlinge, Nährstoffmangel, Trockenheit oder andere Auslöser handelt. Da heißt es, ich hab mal das Mittel gegen Krautfäule genommen. Da war noch was vom Wingert spritzen übrig. Mein Mann hat sich beim Obstbauern was geholt, den Mittelnamen hab ich aber vergessen. So und noch schlimmer sind dann Informationen zum sinnlosen Einsatz von Pflanzenschutzmitteln. Besonders scharf ist dann die Situation wenn ganze Spritzfolgen durchgezogen wurden. Also mal so von Insekten- bis Pilzmittel, eventuell mit Dünger, von allem eine Behandlung draufgehauen. Anschließend sind natürlich die Mittel schuld, weil sie nicht geholfen haben. Bei passender Gelegenheit bekommen die Berater, egal ob Fachberater vom Kleingartenverband, staatlich oder von den Firmen, die schlechte Wirkung massiv erzählt.


Spritzen, egal wie, hilft nicht immer

Auch alte Gewohnheiten beim Pflanzenschutzmitteleinsatz können solche Falschanwendungen verursachen.
Es ist ganz schön gemein wenn der Name des Mittels bleibt. Durch eine Wirkstoffänderung aber anders damit umgegangen werden muss. Wer liest denn schon die Gebrauchsanleitung? Ganz klassisch ist sowas schon bei Herbiziden (Unkrautbekämpfungsmittel) und Fungiziden (Pilzbekämpfungsmittel) vorgekommen. Bleiben wir der Einfachheit halber beim Herbizid. Ein Bodenwirkstoff, der über die Wurzeln aufgenommen wird, wurde gegen einen über das Blatt wirkenden ausgetauscht. In diesem Fall hat der Kleingärtner mehrfach, auch stärker konzentriert, ohne Erfolg gegossen. Wir wissen das ist nicht normal, aber Praxis! Für mich ist das wie wenn sie ihr Auto in die Werkstatt bringen. Die Reifen werden gewechselt aber es wäre ein Ölwechsel angebracht. Alle Welt spricht von Klima, Umwelt, biologisch, ökologisch. Kleingärtner sehen sich schon seit Jahrzehnten als Natur-bzw. Umweltschützer. Diese Fehlanwendungen generell nur auf ein paar schwarze Schafe zu reduzieren ist in meinen Augen stark vereinfacht. Die gibt es im Zweifelsfall überall. Vielleicht ist es eher was in Richtung Dummheit, Leichtsinn, Bequemlichkeit. Mal schnell was gemacht. Aber nicht nur der gärtnerische Laie leistet sich da peinliche Fehler. Selbst bei den Profis wie Landwirten, Obstbauern, Winzern und den Gärtnereien kommen schon mal schöne Überraschungseier raus. Bevor sie sich jetzt angegriffen fühlen, kurze Vollbremsung von mir. Natürlich sind auch sie als Haupterwerbsmensch nicht mit allen Pflanzenschutzproblemen vertraut.
Dann bräuchte man den Berater ja nicht mehr. Mir geht es nur um das Bewusstsein wenn ich ein unbekanntes Schadbild vor mir habe spritze ich nicht auf Verdacht. Mehr ist es nicht. Also beruhigen sie sich. Erstens will ich in keinster Weise irgendjemand Vorschriften machen geschweige denn steht es mir zu. Allerdings haben dann egal wer, Hobbygärtner oder Profi, auch die Verpflichtung sich zu informieren. Komme mir keiner damit aus Zeitmangel und fehlenden Informationsmöglichkeiten ginge das nicht oder sei zu aufwendig. Klar ist mir bekannt wie ärgerlich es ist den Berater nicht oder erst nach langer Zeit an die Strippe zu bekommen. Wenn die ganzen sinnlosen Spritzungen nichts geholfen haben müssen sie sich doch sowieso melden. Sie wollen doch eine Lösung. Wobei ich mich nun wieder etwas mehr mit den Schäden im Garten beschäftigen will. Erwerbsanbauer haben grundsätzlich weniger Probleme mit ihren Pflanzenschutzkenntnissen im betrieblichen Ablauf. Geht es in den privaten Bereich wird es aber auch schon mal wissenstechnisch eng. In der Obstanlage ist das Erkennen von Roter Spinne kein Problem. Genauso wenig wie die effektive Pflanzenschutzstrategie inklusive der pflanzenbaulichen Maßnahmen. Hat aber die heimische Oleandersammlung den gleichen Schaderreger tun sich Lücken auf. Noch schwieriger wird es wenn an Gemüse und Ziergewächsen pilzliche oder nicht parasitäre Erscheinungen auftreten. Nichtparasitär heißt unbelebte Schaderreger. Einfache Beispiele sind Trockenheit, Vernässung, Nährstoffmangel. Gerade dieser Bereich führt zu Durcheinander bei der Ursachenbestimmung.


Virus an Zwetsche. In diesem Zustand hilft kein spritzen.

Zu oft sehen sich Schäden sehr ähnlich. Nur große Erfahrung und genaues Hinterfragen bei den Betroffenen führt zur Lösung. Nochmal, ich habe für fast alles Verständnis und ihnen Situationen genannt warum falscher Präparateeinsatz zustande kommt. Einfach mit gefühlt geeigneten Mittel draufzuhalten ist grundsätzlich der schlechtere Ansatz. Egal ob ich jetzt in ihren Augen der grüne Ökospinner bin. Gerade wo wir in Deutschland eine Indikationszulassung haben. Diese besagt, nur in den auf der Gebrauchsanleitung genannten Kulturen und gegen die beschriebenen Schaderreger darf das Pflanzenschutzmittel zum Einsatz kommen. Das gilt für Profis genau wie für Hobbygärtner. Es spielt keine Rolle ob der Gemüseanbauer mit hektargroßen Flächen oder die Privatperson mit ein paar Geranien im Blumenkasten betroffen ist. Gerade in der Pflanzenschutzberatung für Kleingärtner gibt es bei den Verkaufsstellen bzw. deren Personal noch viel Luft nach oben. Bevor zugelassene Pflanzenschutzmittel zum Einsatz kommen muss zwingend der Schaderreger bestimmt sein.
In diesem Sinne viel Erfolg.


Hans Willi Konrad, DLR R-N-H Bad Kreuznach
Alle Bilder Hans Willi Konrad


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