Ölsaaten im Speisenplan - Kernig gut und kerngesund

Stand: 12/11/2020
Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) hat ihre Ernährungsempfehlungen nachjustiert. Hülsenfrüchte, Nüsse, Trockenfrüchte und Ölsaaten wie z.B. Sonnenblumen- und Kürbiskerne stehen in ihren neueren Publikationen stärker im Fokus.
Die von ihr empfohlene Menge von Nüssen und Ölsaaten ist zwar mit 25 Gramm pro Tag relativ gering, diese kleine Menge hat es aber „in sich“. Der Kaloriengehalt ist relativ hoch, wertvolle Inhaltsstoffe sind dafür aber sehr konzentriert vorhanden.
Eine Handvoll „Studentenfutter“ eignet sich demnach gut als Zwischenmahlzeit und ein „Topping“ auf Salaten, Müslis oder Brotbelägen ist nicht nur ein optisches, sondern auch ein ernährungsphysiologisches „i-Tüpfelchen“.

Samen bzw. Ölsaaten enthalten - genau wie Nüsse - bemerkenswert hohe Gehalte an günstigen, mehrfach ungesättigten Fettsäuren. Hervorzuheben ist insbesondere der hohe Gehalt an Omega-3-Fettsäuren in Leinsamen und auch in Hanfsamen. Ferner zeichnen sich Saaten aus durch ihre Gehalte an in Fett löslichen Vitaminen A und E sowie an wasserlöslichen Vitaminen B1, B2 und Folsäure. Bei den Mineralstoffen sind Kalium, Kalzium, Magnesium und Eisen in ausgesprochen hohem Maße vertreten. So haben beispielsweise 15 Gramm Sesamsamen einen ähnlich hohen Kalziumgehalt wie ein halbes Glas Milch.
Zudem sind auch Ballaststoffe, ätherische Öle und andere sekundäre Pflanzenstoffe wie beispielsweise Phytosterole von Bedeutung. Phytosterole sind unter anderem wichtige Bestandteile der pflanzlichen Zellmembran und aufgrund ihrer chemischen Struktur dem tierischen Cholesterol sehr ähnlich. Damit stehen sie mit Cholesterin beispielsweise bei der Resorption im Dünndarm im Verdrängungswettbewerb und wirken allein dadurch nachweislich cholesterinsenkend.
Die zahlreich enthaltenen Ballaststoffe fördern zudem die Verdauung.

Eine hohe Bandbreite von Kernen und Ölsaaten steht uns zur Auswahl.

Sonnenblumenkerne
Der Ursprung der Sonnenblume liegt in Südamerika. Einst kamen sie als Zierpflanze nach Europa, bis sie ab dem 19. Jahrhundert in großem Stil zur Herstellung von Sonnenblumenöl angebaut wurden. Heute liegen die Zentren des Sonnenblumenanbaus in Argentinien, in den USA und vor allem in ost- und südeuropäischen Staaten wie Russland, Ukraine, Rumänien und Ungarn sowie in Frankreich, Spanien und Italien.
Die Sonnenblumenkerne, die aus den Blumenkörben der Blüte gewonnen werden, sind zum weit überwiegenden Teil zur Pressung von Speiseöl bestimmt. Der Anteil von direkt zum Verzehr vermarkteten Sonnenblumensamen ist relativ gering. Sie werden in geschälter und gerösteter Form vor allem in Backwaren, Knabberartikeln und Müslimischungen verwendet.

Kürbiskerne
Kürbiskerne lassen sich recht einfach aus Speisekürbissen gewinnen: Man löst die Kerne aus dem Fruchtfleisch trocknet sie in einer flachen Schale an der Luft oder am Heizkörper und röstet sie im Anschluss gegebenenfalls in der Pfanne. Der Kürbiskern ist dabei von einer hellen oder gelblichen Schale umgeben, die bei einigen Kürbissorten ziemlich hart und strohig sein kann. Der geschälte helle Kern ist in der Regel noch in ein grünes Häutchen eingehüllt, dessen Farbe durch Rösten intensiviert wird.
Als eigenständiger Handelsartikel werden Kürbiskerne mit speziellen Poliermaschinen bearbeitet und kommen ungeschält oder geschält, roh oder geröstet, in heller oder grüner Farbe und teilweise gesalzen in den Handel. Die fertige Ware wird überwiegend aus den Balkanländern importiert. Der feine, nussige Geschmack und die dunkelgrüne Farbe von Kürbiskernen bereichern den Speisenplan. Sowohl als leckere Knabberei, als auch als Zutat in und auf Brot und Brötchen sind sie sehr beliebt. Angeröstet passen sie gut zu Gemüsegerichten, Kohlarten, Wurzelgemüsen, Toppings auf Suppen, Blatt- und Rohkostsalaten und natürlich zu Gerichten aus Speisekürbissen.

Sesamsamen
Die kleinen hellen Sesamsamen stammen ursprünglich aus den Tropen. Sie sind hauptsächlich in Indien und Ostafrika beheimatet. Die Hauptproduzenten sind heute Indien, China und Myanmar. Sesam wird in erster Linie wegen seines Ölgehaltes angebaut. Die süßlich-nussige Saat wird im Mittelmeerraum von alters her schon gerne über Fladenbrote und süße Gebäcke gestreut, so zum Beispiel über das berühmte türkische Konfekt Halva. Die aus Sesam hergestellt Paste Tahini ist im Mittleren Osten sehr beliebt.
Sesamsaat passt geschmacklich sehr gut zu Hühnerfleisch, Fisch, Kartoffeln und verschiedenen Gemüsen wie Wurzelgemüse, Kohlgemüse, Spargel oder Feldsalat. Leichtes Anrösten intensiviert den nussigen Geschmack.

Mohnsamen
Man unterscheidet grundsätzlich Schlafmohn und Speisemohn. Während die Alkoloide aus den grünen und unreifen Kapseln des Schlafmohns zu Drogenzwecken dienen bzw. der Medizin zur Produktion von Schlaf- und Beruhigungsmitteln vorbehalten sind, wird der Speisemohn (Papaver somiferum L.) zum überwiegenden Zweck zur Speiseölgewinnung angebaut und ausgereift geerntet. Der Ölgehalt der Mohnsaat entspricht etwa 45 Prozent. Die angebauten Speisemohnsorten sind im Gegensatz zum Schlafmohn morphinfrei oder enthalten nur äußerst geringe Morphin-Mengen, so dass sie völlig unbedenklich verwendet werden können.
Hinter der Speiseölerzeugung treten anderen Verwendungszwecke der Mohnsaat in den Hintergrund. Backmohn besteht aus kleinen blaugrauen Mohnkügelchen und wird aus den Kapseln des Speisemohngs geerntet.
Er wird ungemahlen auf Teigoberflächen gestreut, z.B. auf Mohnbrötchen, Mohnstangen, Mohnzöpfe oder ähnlichem. Beim Einarbeiten von Mohn in den Teig oder in eine Füllung wird die Mohnsaat vorher gemahlen. Bei einem typischen Mohnkuchen wird gemahlener blauer Mohn mit aufgekochter Milch überbrüht und mit Fett, Zucker und Eiern vermischt. Aus der Mohnmasse werden in Kombination mit Hefeteig, Plunder, Strudel- oder Mürbteig vielfältige Mohntorten, -strudel, -striezel, -stollen oder Mohn-Quark-Kuchen fertiggestellt.

Hanfsamen
Hanfsamen findet wie Leinsamen und Sesamsaat sowohl zur Speiseölgewinnung als auch als Zutat in Brot und Brötchen oder in Müslis Verwendung. Der Fettgehalt in Hanfsamen schwankt zwischen 30 bis 35 Prozent, bestehend zu 46 bis 60 Prozent aus Linolsäure und zu 14 bis 28 Prozent aus Linolensäure. Diese günstige Fettsäurezusammensetzung macht Hanfsamen zu einer gesunden Müslibeigabe.
Aus Hanfsamen kann auch Hanfmehl hergestellt werden, welches eine glutenfreie Alternative zum Backen von Fladenbrot, Pizza oder Teigtaschen darstellt.
Wie vielfältig die alte Kulturpflanze Hanf sonst noch genutzt werden kann, finden Sie unter

siehe auch: Hanf und seine Produkte

Leinsamen
Leinsamen wird aus Öllein gewonnen. Der weltgrößte Leinsamenproduzent ist Kanada, gefolgt von China, Indien und Argentinien. Der Ölleinanbau ist in Deutschland im Jahr 2020 mit 2.250 erzeugenden Betrieben und 28.000 Hektar eher marginal.
Die Ölsaat enthält knapp 40 Prozent Fett, das zu etwa 55 Prozent aus der essentiellen, mehrfach ungesättigten Alpha-Linolensäure besteht. Mit diesem günstigen Fettsäuremuster sind Leinsamen und die daraus hergestellten Leinöle unter den Ölsaaten unübertroffen. Einen weiteren Spitzenwert erreicht Leinsamen beim Vitamin A.
Besonders ist der hohe Gehalt an schleimbildenden Ballaststoffen. Die Leinsamenkörner können ein Mehrfaches ihres eigenen Volumens an Wasser binden und somit die Darmperistaltik anregen. Geschroteter oder leicht gequetschter Leinsamen in Müsli, Suppe oder Flüssigkeit eingerührt ist ein mildes, haushaltsübliches Mittel gegen Verstopfung. Wichtig ist dabei, ausreichend zu trinken.
Aufgrund dieser Wirkung wird Leinsamen üblicherweise nur in geringen Mengen verwendet, so zum Beispiel in Brot eingebacken, in Keksen oder in Müslimischungen eingearbeitet.

siehe auch: Leinöl

Chiasamen
Aus Lateinamerika kommend war Chiasamen bis vor wenigen Jahren auf dem europäischen Markt noch kaum bekannt. Er musste von der Europäischen Union 2009 als sogenanntes „Novel Food“ zum Vertrieb zugelassen werden. Dies geschah zunächst mit einem verpflichtenden Verweis auf eine täglich maximale Verzehrsmenge von 15 Gramm.
Seit ihrer EU-Zulassung werden Chiasamen auf dem deutschen Markt als „Superfood“ beworben. Argumentiert wird zum einen mit dem hohen Proteingehalt und zum anderen mit dem hohen Gehalt an Alpha-Linolensäure und an Ballaststoffen.
Damit ist Chiasamen mit seinen Inhaltsstoffen in etwa vergleichbar mit Leinsamen und anderen heimischen Saaten, Ölen und Nüssen. (s. Tabelle)

siehe auch: Chiasamen


Ölsaaten sind alle „Superfoods“

Der folgenden Überblick über ausgewählte Nährstoffe einiger Ölsaaten zeigt, dass auch geringe Portionsgrößen einen nennenswerten Beitrag zur Versorgung mit Vitaminen und Mineralstoffen sowie mit mehrfach ungesättigten Fettsäuren leisten können.

Lebensmittel à 15 g essbarer Anteil
Fett
(g)
mehrfach ungesättigte Fettsäure (MUFS)
(g)
Omega-3-Fettsäuren
(g)
Vit. A
(µg)
Vit. E
(mg)
Folat
(µg)
Ca
(mg)
Mg
(mg)
Fe
(mg)
Sonnenblumenkerne
7,4
4,5
0,01*
0,5
5
15
15
59
0,9
Kürbiskerne
6,9
3,6
-*
5,7
0,6
7,5
6
60
1,9
Sesamsamen
7,5
2,9
0,10*
1,1
0,4
14,6
117
59
1,5
Leinsamen
4,7
3,2
3,00**
12
0,5
3
30
53
1,2
Chiasamen
4,7
3,6
2,7**
8,1
0,1
7,4
95
50
1,2
Mohnsamen
6,3
4,7
0,06*
0,8
0,6
15
219
50
0,1
Quelle: Ursel Warburg, Sarah Egert: Die große Wahrburg/Egert, Kalorien- und Nährwertabelle, Trias-Verlag, Stuttgart 2018
*Quelle: I. Elmadfa u.a.: Die große GU Nährwert-Kalorien-Tabelle 2016/2017, Gräfe und Unzer Verlag, München 2015
**Quelle: Isabel Bernhauser: Heimische Superfoods statt Exoten – Leinsamen statt Chia-Samen, im Internet unter ecodemy.de (Zugriff 11.12.2020)


Fazit

Insgesamt können alle genannten Ölsaaten mit ihren essentiellen Fettsäuren, mit Proteinen, Vitaminen, Mineralstoffen und sekundären Pflanzenstoffen punkten. Jede Saat hat dabei im Detail ihre Vorzüge.
Doch nicht nur ernährungsphysiologische Aspekte sind zu beachten. Unterschiede gibt es zum einen im Preis und zum anderen in der nachhaltigen Wertschöpfungskette bzw. beim ökologischen Fußabdruck der Produkte. Vor allem die exotischen Importwaren haben in der Regel einen höheren CO2-Fußabdruck, der vor allem im transatlantischen Transport begründet ist.


Quellen und weiterführende Informationen
  • Reinhard Lieberei, Christoph Reisdorff: Nutzpflanzen, Thieme-Verlag, Stuttgart 2012
  • Waldemar Ternes, Alfred Täufel, Lieselotte Tunger, Martin Zobel: Lebensmittellexikon, Behr´s-Verlag, München 2005
  • Ulrike Bültjer: Lexikon der Kräuter und Gewürze, Bassermann-Verlag, München 2006
  • Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) (Hrsg.): Vollwertig essen und trinken nach den 10 Regeln der DGE, im Internet unter dge.de (Zugriff am 17.11.2020)
  • Statistisches Bundesamt (Hrsg.): Landwirtschaftliche Bodennutzung - Anbau auf dem Ackerland - Fachserie 3 Reihe 3.1.2 - Vorbericht 2020, im Internet unter destatis.de (Zugriff am 11.12.2020)


Annette.Conrad@dlr.rlp.de     www.fze.rlp.de/ernaehrungsberatung