Beweidung von Öko-Flächen mit konventionellen Tieren - Auslegung der Öko-Verordnung VO (EU 2018/848 in Rheinland-Pfalz

Stand: 04/12/2023
Immer wieder kommt es in (viehlosen) Öko-Betrieben dazu, dass Flächen (oder Teile davon) durch konventionelle Pensionstiere (Pflanzenfresser) beweidet werden. Unter Pensionstieren werden hierbei nicht zum Betrieb zugehörige Tiere Dritter verstanden, z.B. von benachbarten Betrieben, Vereinen oder privaten Hobbyhaltungen. Aber ist dieses Vorgehen auch mit der neuen Öko-Verordnung vereinbar und gibt es Besonderheiten in Rheinland-Pfalz (RLP)?


Die Nutzung von Ökoflächen durch konventionelle Weidetiere ist nur noch begrenzt möglich. Zudem darf die Beweidung durch konventionelle Tiere nicht die alleinige Nutzung der Fläche sein. ©DLR R-N-H


Die EU-Öko-Verordnung – alt vs. neu

Im bis zu 31.12.2021 gültigen „alten Öko-Recht“ war die gleichzeitige Haltung von ökologischen und konventionellen Tieren in Artikel 17 der VO (EG) Nr. 889/2008 geregelt. Demnach durften konventionelle und ökologische Tiere gleichzeitig im Öko-Betrieb gehalten werden, sofern folgende Bedingungen erfüllt waren:

  • es handelte sich um eine andere Tierart
  • die Flächen/Parzellen waren deutlich voneinander getrennt
  • konventionelle und ökologische Tiere durften sich nicht gleichzeitig auf der Fläche befinden

Ökologische Weideflächen durften für einen begrenzten Zeitraum im Jahr durch konventionelle Tiere beweidet werden. Da der Begriff „begrenzt“ nicht weiter eingegrenzt bzw. enger definiert wurde, führte diese Regelung in der Praxis jedoch zum Teil auch zu einer systematischen ganzjährigen Haltung bzw. Beweidung mit konventionellen (Pensions-) Tieren. Doch wie sieht es nun im Rahmen der neuen Öko-Verordnung VO (EU) 2018/848 aus? Dürfen auch weiterhin konventionelle Tiere auf Öko-Flächen weiden und wenn ja, unter welchen Bedingungen?

In der neuen Öko-Verordnung VO (EU) 2018/848 ist die „Parallelproduktion“ von ökologischen und nicht-ökologischen (konventionellen) Produktionseinheiten in Artikel 9 Absatz 7 geregelt. Absatz 7 besagt in Verbindung mit Abschnitt b, dass sich ökologische und konventionelle Tiere nur in ein und demselben Betrieb befinden dürfen, wenn sie in deutlich voneinander getrennten Produktionseinheiten gehalten werden, und es sich nicht um dieselbe Tierart handelt. Der Begriff Tierart ist wie bisher schon zoologisch und nicht in Bezug auf die Nutzung (Milch oder Fleisch) oder Rassen zu verstehen, auch wenn deren Merkmale eine noch so deutliche Abgrenzung voneinander zulassen würden (z.B. bei Highland Cattle und Holstein Friesian), nicht möglich.

Die Beweidung von ökologischen Flächen durch konventionelle Tiere wird nochmals gesondert in Anhang II Teil II Nr. 1.4.2.1. geregelt. Auch hier ist beschrieben, dass konventionelle Tiere für einen begrenzten Zeitraum im Jahr auf Öko-Flächen weiden dürfen, sofern sie in umweltverträglicher Weise aufgezogen wurden und sich nicht gleichzeitig mit Öko-Tieren auf dieser Fläche befinden.


Was ist nun wirklich neu?

Auf den ersten Blick erscheint es so, als habe sich inhaltlich zum alten Öko-Recht nicht wirklich etwas verändert. Der erste kleine aber bedeutende Unterscheid ist, dass in der neuen EU-Öko-Verordnung explizit betont wird, dass Öko-Tiere auch auf Öko-Flächen weiden müssen. Die Beweidung von Öko-Flächen (Grünland und andere beweidbare Ackerflächen wie Acker- oder Kleegras) durch konventionelle Tiere stellt lediglich eine Ausnahmeregelung dar! Damit ist klar, dass eine systematische (oder strukturelle) Nutzung von Ökoflächen durch ausschließlich konventionelle Weidetiere nicht möglich ist.

Diese Ausnahmeregelung ist an zwei Grundbedingungen geknüpft. Zum einen ist die Beweidung mit konventionellen Tieren nur für einen begrenzten Zeitraum im Jahr zulässig. Zum anderen müssen die konventionellen Tiere in umweltverträglicher Weise aufgezogen worden sein. Beide doch ziemlich allgemein gehaltenen Formulierungen schaffen zunächst mehr Verwirrung als Klarheit, weshalb es notwendig ist sich, mit deren konkreter Auslegung und Anwendung in Rheinland-Pfalz einmal genauer zu befassen.


Der Ausdruck „begrenzter Zeitraum im Jahr“

Die erste Bedingung ist, dass die Beweidung von Öko-Flächen lediglich für einen begrenzten Zeitraum im Jahr erfolgen darf. Diese Formulierung wurde aus dem alten Öko-Recht übernommen. Es wurde jedoch bewusst in der EU-Öko-Verordnung kein konkreter Zeitraum festgelegt, weil es auf Grund der großen geografischen und klimatischen Unterschiede innerhalb Europas schlichtweg nicht möglich ist, einen für alle Lagen passenden und sinnvollen Zeitraum festzulegen. Dies ist auch der Grund, weshalb das Land Rheinland-Pfalz sich ebenfalls gegen einen festen und allgemeingültigen Beweidungszeitraum entschieden hat. Während beispielsweise in der Naheregion bereits eine Beweidung möglich ist, kann in den Höhenlagen der Eifel ein Wintereinbruch dies noch unmöglich machen. Doch warum dann überhaupt diese Einschränkung?

Der Grundgedanke des begrenzten Zeitraumes im Jahr liegt darin begründet, dass eine systematische Nutzung von Öko-Flächen durch konventionelle Tiere ausgeschlossen werden soll. Daher hat Rheinland-Pfalz festgelegt, dass die betroffenen Flächen durch den Öko-Betrieb auch selbst genutzt werden müssen. Das bedeutet, dass auf diesen Flächen mindestens zwei Nutzungen erfolgen müssen, damit sie von konventionellen Tieren abgeweidet werden dürfen. Denkbar wäre zum Beispiel eine klassische Mähweidenutzung. Die erste Nutzung erfolgt in Form einer Mahd durch den Öko-Betrieb, die zweite Nutzung würde die Beweidung mit konventionellen Tieren darstellen. Handelt es sich um reine Weideflächen, müsste neben der Beweidung mit konventionellen Tieren auch eine Weidenutzung mit Öko-Tieren erfolgen. Diese primäre Eigennutzung der Flächen ist gegenüber der Ökokontrollstelle nachzuweisen, zum Beispiel über die klassische Schlagdokumentation (Schlagkartei).

Weiterhin müssen der Öko-Betrieb und der Betrieb, aus dem die konventionellen Tiere stammen, voneinander getrennte selbständige Unternehmen sein. Der Öko-Betrieb muss zudem eine schriftliche Erklärung verfassen, die folgende Dinge beinhaltet:

  1. dass seine ökologisch bewirtschafteten Flächen nicht dauerhaft und strukturell, sondern nur für einen begrenzten Zeitraum während eines Kalenderjahres, durch konventionelle Tiere genutzt werden
  2. dass die durch konventionelle Tiere genutzten Öko-Flächen im aktuellen Kalenderjahr nicht ausschließlich durch nicht-ökologische Tiere genutzt werden, sondern auch zur Produktion von Öko-Erzeugnissen genutzt werden
  3. Zusätzlich müssen tierhaltende Öko-Betriebe bestätigen/erklären, dass sich die eigenen ökologischen Tiere niemals gleichzeitig mit den konventionellen (Weide-)Tieren auf der ökologisch bewirtschafteten Fläche befunden haben

Für diese Erklärung gibt es keine Vorlagen. Sie kann daher relativ formlos mit Angabe des betroffenen Kalenderjahres, der Anschrift des Öko-Betriebes und der Unterschrift der Betriebsleitung erfolgen.

Die Dauer der Nutzung durch konventionelle Weidetiere muss durch den Öko-Betrieb in Form eines Weidetagebuches (z.B. als (Excel-)Tabelle) dokumentieren. Folgende Angaben müssen enthalten sein:

  1. Name des konventionellen Betriebes
  2. Anzahl der konventionellen Tiere, welche die Öko-Flächen beweiden
  3. Dauer der Beweidung durch konventionelle Tiere (von … bis ….)
  4. betroffene (Weide-)Fläche(n) (Schlagnummer bzw. -bezeichnung)


Was bedeutet „umweltverträgliche Aufzucht“?

Die zweite Grundbedingung für den Ausnahmefall der Beweidung von Öko-Flächen mit konventionellen Tieren ist ihre Aufzucht „in umweltverträglicher Weise“. Aufgezogen muss hier nicht wörtlich verstanden werden, da dies in den meisten Fällen nur sehr schwer nachweisbar ist (vor allem, wenn die Tiere nicht auf dem Haltungsbetrieb geboren wurden). Der Bezug gilt daher auf die Bedingungen im aktuellen Haltungsbetrieb.

Unter umweltverträglich versteht Rheinland-Pfalz solche Betriebe, die eher extensiv wirtschaften und an Agrarumwelt- und Klimamaßnahmen teilnehmen. Die Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion (ADD) in Trier hat festgelegt, dass diese Bedingung durch die Teilnahme an einem der folgenden EULLa-Programmteile erfüllt ist:

  • Umwandlung einzelner Ackerflächen in Grünland / Vertragsnaturschutz Umwandlung einzelner Ackerflächen in artenreiches Grünland
  • Extensive Grünlandbewirtschaftung
  • Vertragsnaturschutz Grünland
  • Grünlandbewirtschaftung in den Talauen der Südpfalz

Weiterhin gelten als „umweltverträglich“ folgende Ökoregeln der ersten Säule (Direktzahlungen) der Agrarförderung:

  • Ökoregel 3: Beibehaltung der agrarforstlichen Bewirtschaftungsweise auf Ackerland und Dauergrünland
  • Ökoregel 4: Extensivierung des gesamten Dauergrünlandes des Betriebes
  • Ökoregel 5: Ergebnisorientierte extensive Bewirtschaftung von Dauergrünflächen mit Nach weisen von mindestens vier regionalen Kennarten

Kleinster gemeinsamer Nenner dürfte jedoch die Gewährung der Ausgleichszulage (AGZ) für benachteiligte Gebiete sein. Nimmt der konventionelle Betrieb also an einer oder mehrerer der aufgeführten Maßnahmen teil (v.a. mit seinen Futterflächen), gilt dies als „umweltverträglich“ und seine Tiere dürfen für einen begrenzten Zeitraum im Jahr Öko-Weideflächen nutzen. Es wurde jedoch nicht festgelegt, in welchem Umfang die Teilnahme an einer (oder mehrerer) dieser Maßnahmen bzw. Programme erfolgen muss.

Um dies nachweisen zu können, muss der Öko-Betrieb vom Nicht-Öko-Unternehmer neben dem Nachweis der Teilnahme an Agrarumwelt- und Klimamaßnahmen, Öko-Regelungen (GAP) oder der Gewährung der AGZ (z.B. in Form einer Vertragskopie), zusätzlich eine Erklärung einholen, dass dieser über eine eigene Futtergrundlage für seine Tiere verfügt und nicht ausschließlich Öko-Weideflächen nutzt.

Grundsätzlich wird empfohlen, für die Beweidung von Öko-Flächen durch konventionelle Tiere einen schriftlichen Weidevertrages bzw. eine Weidevereinbarung zwischen beiden Parteien abzuschließen. Dies ist aber kein Muss, kann jedoch einiges erleichtern und bietet Sicherheit.


Welche Tierarten sind betroffen?

Diese Bedingungen und das oben genannte Vorgehen bei der Beweidung von Öko-Flächen durch konventionelle Weidetiere gilt für alle Tierarten, z.B. Rinder, Schafe und Ziegen – demnach auch für nicht-ökologische Wanderschäfereien! Die Beweidung von Öko-Flächen durch betriebsfremde Öko-Tiere ist ohne Einschränkungen möglich.

Weiterhin gilt, dass während des Aufenthaltes der konventionellen Tiere auf den Öko-Flächen alle Tiere nach den Vorgaben der Öko-Verordnung gehalten und gefüttert werden müssen. Das bedeutet unter anderem, dass der maximale Viehbesatz von 170kg N/ha/Jahr im Öko-Betrieb nicht überschritten werden darf und im Falle einer Zufütterung nur ökologische (oder Umstellungs-) Futtermittel eingesetzt werden dürfen.


Und was ist mit Pensionspferden?


Sport- und Freizeitpferde sind von einer zeitlichen Begrenzung der Nutzung von Ökoflächen ausgenommen und dürfen daher wie bisher in Pension genommen werden. ©DLR R-N-H

Für einige Öko-Betriebe stellt die Haltung von Pensionspferden, also das Einstellen von Pferden Dritter, ein wichtiges Standbein oder sogar den Hauptbetriebszweig dar. Vor allem für Betriebe, die ihre eigene Tierhaltung (z.B. von Rindern) aufgegeben haben, aber ihre vorhanden Stallungen und Weideflächen gerne weiter nutzen möchten. Diese Tiere befinden sich in der Regel auf vertraglicher Basis über Pensions- oder Einstellerverträge ganzjährig im Betrieb. Damit liegt zunächst eine strukturelle und systematische Nutzung von Ökoflächen durch konventionelle Tiere vor was, wie dargestellt, eigentlich nicht mehr zulässig ist.

Da es sich im Falle von Pensionspferden in der Regel um Freizeit- oder Sporttiere handelt, die nicht zur Fleisch- oder Milcherzeugung gehalten werden, ist diese ganzjährige Haltung von Sport- und Freizeitpferden auch weiterhin möglich! Grund ist, dass die Tiere nicht der Erzeugung von Lebens- und Futtermitteln dienen und daher nicht in den Anwendungsbereich der EU-Öko-Verordnung fallen. Jedoch gibt es auch hierbei einige Bedingungen zu beachten.

Sollen im Öko-Unternehmen Pensionspferde eingestallt werden, muss in der Öko-Kontrollbescheinigung unbedingt schriftlich festgehalten werden, dass es sich bei diesen Pferden um reine Sport- und/oder Freizeitpferde handelt, die nicht zum Zwecke der Erzeugung von Lebens- oder Futtermitteln gehalten werden. Außerdem müssen sie, auch wenn sie wie bereits erwähnt strenggenommen nicht in den Anwendungsbereich der Öko-Verordnung fallen, zu 100% ökologisch gefüttert und gehalten werden. Hierzu zählt unter anderem auch die Verpflichtung zu Weidegang. Weiter Vorgaben zur Haltung und Fütterung von Pensionspferde im Öko-Betrieb finden Sie auf unserer Homepage unter www.oekolandbau.rlp.de in Merkblatt Nr. 8. Die Verpflichtung zur Einhaltung der Vorgaben der EU-Öko-Verordnung auch für Sport- und Freizeittiere ergibt sich übrigens auch aus den EULLa-Grundsätzen für die Ökoförderung, die von den meisten Ökobetrieben in Anspruch genommen wird.

Diese Ausnahme der ganzjährigen Pensionstierhaltung gilt ausschließlich für Pensionspferde! Für alle anderen konventionellen (Weide-)Tiere gelten die oben aufgeführten Vorgaben und Bedingungen zur Beweidung ökologisch bewirtschafteter Flächen mit nicht-ökologischen Tieren!

Diese Regelungen gelten in Rheinland-Pfalz so lange es keine weitere Präzisierung durch die Europäische Kommission gibt. Sollte es Neuerungen geben, erfahren Sie dies bei uns auf der Homepage und/oder über unseren Newsletter.


In Kürze:

  • Die Beweidung von Öko-Flächen mit konventionellen Tiere stellt eine Ausnahmeregelung dar!
  • Öko-Weideflächen dürfen nur für einen begrenzten Zeitraum im Jahr von konventionellen Tieren beweidet werden
  • Eine ausschließliche Nutzung der Öko-Weideflächen durch konventionelle Tiere ist nicht zulässig, es muss ebenfalls eine Nutzung durch den Bio-Betrieb erfolgen
  • Der Bio-Betrieb muss ein Weidetagebuch führen
  • Die konventionellen Tiere müssen umweltschonend aufgezogen bzw. gehalten werden (Nachweis des konventionellen Betriebes über die Teilnahem an AUKM, Öko-regelungen (GAP), AGZ)
  • Nur bei Pensionspferden ist die ganzjährige Haltung und Beweidung zulässig!


    www.Oekolandbau.rlp.de